Wir wollen nicht nur als Tänzer wachsen, sondern auch als Persönlichkeiten

 Tanzen ist kein Job, kein Beruf - es ist eine Berufung!
In meiner Position als künstlerischer und pädagogischer Direktor des Bundesjugendballett ist es mein Ziel, unseren Tänzer*innen den Wert unserer Kunstform zu vermitteln und ihnen etwas Wichtiges für ihr Leben mit auf den Weg zu geben. Beim Tanz sollte es nicht nur darum gehen, wie gut deine Technik ist, wie viele Fouettés du kannst. Das Ziel sollte sein, andere mit deinem Tanz zu erreichen, zu berühren und zu inspirieren. Wir wollen nicht nur das Auge anregen, sondern auch das Herz und die Seele berühren. Tanz ist eine Form der Kommunikation - deshalb haben die Menschen schon immer getanzt.

Eine echte Bewegung ist immer ein Ausdruck des Innersten, der Seele des Tänzers.
Ich bin überzeugt, dass man andere Menschen nur erreichen kann, wenn man ehrlich ist und sich nicht verstellt, sondern etwas von sich preisgibt. Unser Ziel in der intensiven zweijährigen Arbeit mit den Tänzer*innen ist es, ihnen zu helfen, sich als Persönlichkeit zu entwickeln und sich selbst als Tänzer und als Mensch zu finden. Und zu lernen, man selbst zu sein, ist mindestens so schwierig wie das Erlernen einer Pirouette.

Die Balletttradition ist ein wichtiger Teil unserer Arbeit.
Man muss die Vergangenheit kennen, um die Zukunft schätzen zu können. Wenn man die Regeln kennt, kann man sie interpretieren - und sie brechen. Aber man muss die Regeln erst lernen. Deshalb ist die klassische akademische Balletttechnik die Grundlage unserer täglichen Arbeit, deshalb studieren wir Werke der Ballettgeschichte.

Genauso wichtig wie die Würdigung der Vergangenheit ist der Blick nach vorn.
Wir laden regelmäßig zeitgenössische Choreograf*innen und junge Nachwuchskünstler*inne ein, neue Werke für uns zu kreieren. Wir fördern auch die choreografische Kreativität unserer Tänzerinnen und Tänzer. Für sie ist es eine wichtige Erfahrung, am Entstehungsprozess beteiligt zu sein. Ich versuche ihnen zu vermitteln, dass sie unsere Arbeit als einen kontinuierlichen Prozess wahrnehmen und diesen Prozess genießen sollen. Ein Künstler zu sein ist eine nie endende Reise. Im Bundesjugendballett wollen wir einen Teil dieser Reise gemeinsam gehen.

Kevin Haigen